Babys aus der Petrischale
Von Nadia Meier, 4. Dezember 2017
Soll Paaren wirklich jeder Kinderwunsch erfüllt werden? Foto: Freestocks, Pexels
«Würden Sie mir vielleicht sagen, woher Sie dieses Kind haben?» Diese dreiste Frage hörten meine Eltern Anfang der 1980er-Jahre mehr als einmal. Ich sah irgendwie ein wenig zu exotisch aus mit meinen braunen Kulleraugen, den schwarzen Haaren und dem olivfarbenen Teint. Vielleicht adoptiert? «Samenbank Genf», habe meine Mutter jeweils schnippisch geantwortet. So zumindest erzählt man sich die Geschichte in der Familie.
Tatsächlich war ich aber selbst gemacht. Doch längst nicht alle Kinder werden im Elternschlafzimmer, unter der Dusche oder auf der Küchenablage gezeugt. Immer mehr Babys entstehen im Labor.
Mit Lasern auf Embryos schiessen
Wie das genau geht, zeigt der neue Dokumentarfilm «Kinder machen» auf eindrückliche Art. Durchs Mikroskop sieht man zum Beispiel dabei zu, wie eine Embryologin mit einem Stäbchen eine Eizelle in der Petrischale !xiert. Dann nähert sich eine winzige Pipette, sticht in die Eizelle und pustet einen einzigen Samen hinein. Und dann heisst es warten.
Filme, die Paare auf dem Weg zum Wunschkind begleiten, die kennt man. Ich !nde sie aber mehr voyeuristisch als interessant. Natürlich ist das persönliche Leid von ungewollt Kinderlosen gross und macht betro"en. Spannender !nde ich aber die Menschen auf der anderen Seite: die Kinderwunschärztinnen, die Embryologinnen im dunklen Labor, der Physiker, der mit seinem Speziallaser auf die Eihülle von fünf Tage alten Blastozysten schiesst, um ihnen möglichst schonend Zellen zu Testzwecken zu entnehmen.
In «Kinder machen» von Barbara Burger lernt man diese Menschen und ihre Arbeit kennen. Man staunt, was die Reproduktionsmedizin heute schon alles kann. Und man ahnt, was in Zukun# alles möglich sein wird.
Obwohl der Film einige Antworten liefert, blieben bei mir vor allem Fragen zurück: Wie verändern sich befruchtete Eizellen, die jahrelang eingefroren werden? Heute weiss man erst, dass daraus entstandene Kinder ein höheres Geburtsgewicht aufweisen als nichtaufgetaute Babys. Welche Auswirkungen, die wir heute noch nicht kennen, haben die Jahre im Sticksto" sonst noch?
Den Kinderwunsch auf Eis legen
Soll Paaren mit Kinderwunsch wirklich jeder Wunsch erfüllt werden? Auch der nach einem Jungen – in der Schweiz verboten, in Zypern kein Problem – oder nach einem Kind mit bestimmten Sternzeichen? Frauen mit Kinderwunsch, sagt im Film die Ärztin Elisabeth Berger-Menz, gehen dafür bis ans Ende der Welt. Im übertragenen Sinn heisst das, dass sie alles Mögliche tun, damit sie ein Kind bekommen. Tatsächlich gehen manche nach Spanien oder sogar Indien, wo die Gesetze weniger streng sind als bei uns.
Kann es wirklich das Modell der Zukun# sein, dass junge Frauen mit 20 ihre Eizellen einfrieren, um daraus nach Ausbildung, Karriere und Partnersuche mit 40 plus ein paar Wunschkinder zu machen? Oder sollten wir als Gesellscha# nicht bessere Bedingungen scha"en, damit Frauen ihre Babys in jenen Jahren bekommen können, welche die Natur dafür vorgesehen hat?
Kinder machen | Trailer Deutsch
Einfache Antworten gibt es hier nicht. Aber es ist wichtig, dass wir darüber sprechen. Der Film bietet eine tolle Grundlage für eine Diskussion mit dem Partner, mit Freundinnen und unseren Töchtern.