Das Geschäft mit der Hoffnung
Tiefgekühlte Eizellen, Laserstrahlen auf Embryos: Die Schweizer Regisseurin Barbara Burger wirft in ihrem Dokumentarfilm «Kinder machen» einen nüchternen Blick auf die Reproduktionsmedizin.
von Regula Fuchs
Jetzt ist es passiert. Die Eihülle ist durchstossen. In der Kanüle ist ein winziges Pünktchen zu erkennen, eine Samenzelle. Sie zieht sich erst etwas zurück, als nähme sie Anlauf, dann wird sie sanft hineingestossen ins Innere der Eizelle. Vielleicht ist man gerade Zeuge geworden, wie hier, in einer Glasschale, ein Mensch entsteht. ICSI heisst dieses Verfahren, intrazytoplasmatische Spermieninjektion: Das bedeutet, dass die Embryologin den Spermien ein wenig hilft auf dem Weg in die Eizelle. «Brave Kinder», sagt sie später, beim Blick ins Mikroskop. Was sie sieht, ist ein Zellhaufen. Für zwei Menschen draussen ist es der Fluchtpunkt aller Hoffnungen.
Die ungewollte Kinderlosigkeit stand am Anfang von Barbara Burgers Film «Kinder machen», in dem sie jenen über die Schulter schaut, die Kinderwünsche erfüllen. Im Umfeld der Bernerin gab es Paare, die keine Kinder bekommen konnten, und die Regisseurin – selber Mutter von zwei Kindern – erfuhr, wie belastend das für die Betroffenen war. «Wie ein Versagen», sagt Burger. Zur selben Zeit stiess sie in einem Heft auf ein Inserat, das sich an Frauen richtete. «Alles zu meiner Zeit», hiess es da. Karriere? Selbstverwirklichung? Kein Problem, Kinder lassen sich auch noch später bekommen, so die Botschaft.
«Ich hatte damals, vor sechs, sieben Jahren, keine Ahnung, wovon die Rede war», erzählt die 44-jährige Regisseurin. «Social Freezing kannte man noch nicht.» Burger informierte sich über das Verfahren, das es ermöglichte, Eizellen einzufrieren, ohne dass sie Schaden nehmen, und zum Zeitpunkt, wenn die Frau bereit ist, sie auftauen zu lassen. «Das klang alles so einfach.»
Da war einerseits das Werbeversprechen des planbaren Nachwuchses; anderseits die kinderlosen Paare, die grosse physische, psychische und finanzielle Be- lastungen auf sich nahmen – bei einer relativ geringen Chance von etwa 35 Prozent, tatsächlich ein Kind zu bekommen. In dieser Diskrepanz lag für Burger die, nun ja, Keimzelle ihres Films. ...